Kieferorthopädie mit Kieferchirurgie
Was tun, wenn das Kieferwachstum beendet ist?
Teil 1: Ausgeprägte Unterkieferrücklage
Leider kommt es vor, dass bei massiver Abweichung der Lage des Ober- zum Unterkiefer das Kieferwachstum schon beendet ist. Dies kommt bei Mädchen deutlich früher vor als bei Jungen. Aufschluss über das Ende des Wachstums erlaubt eine Röntgenaufnahme der Hand.
Ist dies der Fall muss entschieden werden, ob zusätzlich zu einer Korrektur der schiefen Zähne mit einer festen Zahnspange eine chirurgische Einstellung einer deutlich abweichenden Kieferlage erfolgen muss.
Keine Angst! In der Hand eines erfahrenen Kieferchirurgen und bei der Vorbereitung und Nachbehandlung durch einen entsprechend geschulten Kieferorthopäden gehört dies heutzutage zu einer Standardprozedur, wenn entsprechende vorbereitende Maßnahmen erfolgen und auch bei der Durchführung genaue Regeln eingehalten werden.
Die häufigste Kieferlagenabweichung, die einer solchen Behandlung bedarf, ist eine ausgeprägte Unterkieferrücklage bei einem nicht mehr wachsenden Menschen.

Nach eingehender Diagnostik und Erstellung eines Behandlungsplanes wird die Problematik mit dem Patienten besprochen.
Danach wird der Behandlungsplan der Krankenversicherung zugeleitet. Auch bei gesetzlich Versicherten nach dem 18. Lebensjahr werden die Kosten sowohl für die kieferorthopädischen als auch für die kieferchirurgischen Maßnahmen von der Krankenkasse nach Begutachtung übernommen.
Zunächst erfolgt eine Ausformung der beiden Zahnbögen. Um einen Vergleich zu bringen: Es wird ein Schloss und ein passender Schlüssel gebildet. Die Aufgabe des Chirurgen ist dann den Schlüssel in das Schloss zu stecken. Dazu sind wichtige vorbereitende Maßnahmen notwendig.
Zunächst wird zu Beginn der Behandlung eine festsitzende Zahnspange installiert.

Diese kann auf die Außenfläche der Zähne aufgebracht werden oder auf die Innenseite. Soll von der Behandlung möglichst wenig nach außen dringen, kann aus ästhetischen Gründen die feste Zahnspange auf die Rückseite der Zähne. Das erzeugt zwar Mehrkosten, aber wenn die Krankenkasse sich bei den sonstigen Kosten großzügig beteiligt im Gegensatz zu einer festsitzenden Erwachsenen-Behandlung ohne Chirurgie, könnte man dies bedenken.


Auch mit einer Schienentechnik (Invisalign) können die vorbereiteten Ausformungen der Zähne durchgeführt werden.

Nachdem die Zahnbögen ausgeformt sind und der Operationstermin näher rückt, erfolgt eine Abformung der Zahnbögen. Außerdem werden Röntgenbilder und Fotos hergestellt.
Es werden Ober-und Unterkiefer-Gipsmodelle gefertigt und diese in der während der Operation gewünschten Zuordnung fixiert.
Danach wird eine Kunststoffschiene hergestellt. Diese dient dem Chirurgen Ober- und Unterkiefer während der Operation in die zuvor festgelegte Lagebeziehung zu bringen und zwar genau in jede Raumrichtung präzise, was ohne diese sogenannte Modelloperation und die Herstellung einer Operations- oder Zielschiene schwer möglich wäre.

Außerdem wird eine weitere Kunststoffschiene gefertigt, die die genaue Lage der Kiefergelenkköpfe in den Gelenkpfannen festhält. Während des Operationsvorgangs kann mit dieser Kunststoffschiene eine exakte Fixation der Kiefergelenkköpfe durchgeführt werden. Danach kann der Knochenschnitt erfolgen, der dann erlaubt den zahntragenden Teil des Unterkiefers nach vorne zu verlagern und zwar genau in die festgelegte Lagebeziehung zum Oberkiefer durch die vorher hergestellte Zielschiene.
Nun erfolgt die Stabilisierung der zuvor getrennten Knochenteile mittels Titanschräubchen. Um den Vorgang einer operativen Vorverlagerung des Unterkiefers zu zeigen, verweise ich auf die Illustration von Prof. Dr. Dr. Lindorf, mit dem wir weit über tausend Behandlungsfälle gemeinsam gelöst haben.